Wie soll man da die Zuversicht behalten? Wenn man die neuesten Kirchenaustrittszahlen präsentiert bekommt? Wenn das Haus, in dem man lebt - ursprünglich für 100 Seminaristen gebaut - gegenwärtig nur knapp zwanzig Priesteramtskandidaten beherbergt? Wenn die Zeichen in der Kirche eher auf Kirchenschließung als auf Kirchengründung stehen?
„Fürchte dich nicht du kleine Herde!“ (Lk 12,32) überschrieb Pater Gregur unsere gemeinsamen Tage. Jesu Wort gelte sicher der ganzen Kirche, besonders aber uns, die wir auf den Weg sind unsere Berufung zu klären. Verunsicherung - oder biblisch gesprochen Anfechtung - ist Teil des Lebens mit Jesus. Wer ihm nachfolgen will, hat damit zu rechnen.
Die inhaltlichen Vorträge begannen wir täglich in der Bitte um den Heiligen Geist. Er sollte uns führen und uns besonders die Wahrheiten aufschließen, die für uns in dieser besonderen „Gnadenzeit“ - so Pater Gregur über die Exerzitien - bereitstünden.
Die drei Transzendentalien (das Wahre, das Gute und das Schöne) standen im Zentrum der Betrachtungen. An ihnen sollten wir unser Leben und Arbeiten ausrichten. Denn es handelt sich bei ihnen nicht nur um abstrakte philosophische Konzepte, sondern um lebenspraktische Orientierungspunkte, insbesondere auch für den priesterlichen Dienst. Der Wahrheit gehorsam zu sein heißt das Evangelium zu verkünden wenn es gelegen kommt, aber auch wenn es unbequem wird. Pater Gregur ließ keinen Zweifel darüber, dass die Verkündigung auch auf Widerstand trifft. Hier sei es wichtig sich der Wahrheit verpflichtet zu wissen. Die Ausrichtung am Guten bedeutet, für die Armen, Kranken und am Rand Stehenden zu sorgen und ein Armer mit ihnen zu sein. Dies fordert von uns auch Verzicht auf die eigene Bequemlichkeit. Das Schöne verwirklicht sich in der Kirche besonders in der Feier der Liturgie, ob im Stundengebet, Messe oder in anderen Formen. Dieses „heilige Spiel“ (Guardini) soll eine Tür zur Herrlichkeit Gottes und seinem inneren Reichtum aufstoßen und uns in einen Raum der Anbetung versetzen.
Als passionierter Liturgiewissenschaftler und Praktiker ließ Prof. Gregur die Gelegenheit zur liturgischen Bildung nicht aus. Das gemeinsame Stundengebet wurde gesungen und auch die täglichen Messe musikalisch reich geschmückt. Das hat nicht nur etwas mit Training oder Spielerei zu tun. „Singen“, meint Gregur Augustinus zitierend, „ist Sache der Liebenden.“
Neben täglichem Stundengebet, Messe und Anbetung, waren im Laufe des Tages zwei Vorträge Teil des Programms. Darüber hinaus bot das warme Wetter des „Altweibersommers“ eine Gelegenheit die Umgebung Füssens zu erwandern.
Wir danken unserem Exirzitienmeister für seinen Dienst! Er hat uns durch seine Vorträge gestärkt für unseren weiteren Klärungsweg und uns die Schönheit der priesterlichen Berufung vor Augen gestellt.
Und mehr noch ist er uns ein authentisches Zeugnis eines über vierzig jährigen priesterlichen Lebens, reich an Freude und Leidenschaft für den Herrn und seine Kirche.
Ein herzliches Vergelt‘s Gott, Pater Gregur!